Ende der Familienversicherung
Die beitragsfreie Familienversicherung für einen Versicherten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht grundsätzlich so lange, wie die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen gegeben sind. Einige materiell-rechtlichen Voraussetzungen gelten für alle Familienmitversicherten, andere speziell für mitversicherte Kinder oder Ehegatten bzw. Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz.
In der privaten Krankenversicherung gibt es keine (beitragsfreie) Familienversicherung, hier ist für jeden Versicherten ein eigener risikogerechter Beitrag zu zahlen (Äquivalenzprinzip).
Ende der Familienversicherung für alle Familienversicherten
Die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist streng akzessorisch von der Mitgliedschaft einer anderen Person (sogenannter “Stammversicherter”). Endet also die Mitgliedschaft des Stammversicherten, z.B. durch einen Wechsel in die private Krankenversicherung oder Tod, so endet auch die daraus abgeleitete Familienversicherung.
Die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung endet nach § 10 SGB V für alle beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen, wenn sie:
- ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland verlegen (vorbehaltlich abweichender Regelungen durch über- / zwischenstaatliches Recht) oder
- selbst versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 SGB V werden oder
- sich freiwillig gesetzlich krankenversichern oder
- versicherungsfrei werden oder sich von der Versicherungspflicht befreien; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht oder
- hauptberuflich selbständig erwerbstätig werden oder
- ein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet (im Jahr 2025 sind das 535 €); für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des SGB IV in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des SGB IV ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
Zusätzliche Beendigungsgründe für familienmitversicherte Kinder
Darüber hinaus endet die Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung für mitversicherte Kinder wenn sie:
- das 18. Lebensjahr vollenden (= Familienversicherung endet einen Tag vor dem 18. Geburtstag),
- das 23. Lebensjahr vollenden, wenn sie nicht erwerbstätig sind (= Familienversicherung endet einen Tag vor dem 23. Geburtstag),
- das 25. Lebensjahr vollenden (= Familienversicherung endet einen Tag vor dem 25. Geburtstag), wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus; dies gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten.
Ein Zurechnungszusammenhang im Sinne einer sehr eng verstandenen Kausalität lässt sich dem Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V nicht entnehmen, sodass beispielsweise auch mehrjährige private Auszeiten, Zeiten der Berufsausbildung, Berufstätigkeit oder Arbeitslosigkeit nach Absolvierung des Dienstes und vor Aufnahme des Studiums unschädlich für die Verlängerung der Familienversicherung sind. Siehe dazu auch unter anderem die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 20.08.2015 – L 5 KR 149/14, LSG Sachsen vom 26.08.2016 – L 1 KR 179/15 und LSG Berlin-Brandenburg vom 27.04.2017 – L 1 KR 246/15.
Zudem endet die Familienversicherung von Kindern, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG, auch Versicherungspflichtgrenze) übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.
Ebenfalls kann die Familienversicherung für das Kind durch einen Wechsel der Stief-, Pflege- oder Adoptiveltern enden bzw. wenn es nicht mehr als Kind der leiblichen Eltern zählt und über die neuen Eltern keine Familienversicherung begründet werden kann.
Zusätzliche Beendigungsgründe für familienmitversicherte Ehegatten / Lebenspartner
Im Fall der Scheidung, Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft endet das Ehegattenverhältnis bzw. Lebenspartnerschaftsverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils und damit die Familienversicherung via den Ehegatten / Lebenspartner.
Rückwirkende Beendigung / Aufhebung der Familienversicherung
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Familienversicherung in der Vergangenheit bestand oder nicht, ist zwischen den materiellen Voraussetzungen der Familienversicherung und der Berechtigung der Krankenkasse zur (rückwirkenden) Beendigung einer Familienversicherung zu unterscheiden (vgl. BSG vom 7.12.2000 – B 10 KR 3/99 R = SozR 3-2500 § 10 Nr 19).
Aufgrund der Akzessorietät ist die Familienversicherung, soweit nicht die Ausschlussvoraussetzungen vorliegen, allein vom Bestehen und Fortbestehen der Mitgliedschaft des Stammversicherten und von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 bis 3 SGB V abhängig. Weder bedarf es der Meldung des Stamm- oder potenziellen Familienversicherten noch ist die Familienversicherung von einem konstitutiven Verwaltungsakt der Krankenkasse abhängig. Die Eintragung in das Versichertenverzeichnis (§ 288 SGB V) oder die Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte (§ 291 SGB V) sind lediglich Rechtsfolgen der festgestellten Voraussetzungen für eine Familienversicherung (§ 289 SGB V), begründen diese jedoch nicht und sollen diese auch nicht begründen.
Seitens der gesetzlichen Krankenkassen ergeht daher nicht “automatisch” ein feststellender (begünstigender) Verwaltungsakt (VA) über den Beginn oder das (Fort-)Bestehen der Familienversicherung (Feststellungsbescheid). Ein (vorzeitiges) Begrüßungsschreiben der Krankenkasse, Mitglieds-/Versicherungsbescheinigungen (für bspw. bestimmte Stellen wie Arbeitgeber, ohne Regelungswille für eine künftige freie Verwendung der Bescheinigung) oder die Übersendung der Versichertenkarte (da nur “Ausweispapier” und keine weitergehende Bedeutung) sollen laut Rechtsprechung regelmäßig keinen Verwaltungsakt in Sachen von § 31 SGB X (Regelung mit Rechtswirkung nach außen) darstellen und nur “deklaratorisch” sein (also reine Informationen ohne bindende Wirkung, “Realakt”), insbesondere nicht solche ohne Angabe eines konkreten Zeitpunkts über den Versicherungsbeginn und wenn vor dem Versicherungsbeginn ohne individuelle Prüfung des Antrags ausgestellt. Anders sieht es hingegen womöglich aus, wenn solche Schreiben eben mit konkreten Zeitpunktangaben über Beginn / Bestehen nach (aber evtl. auch vor) Versicherungsbeginn ausgestellt werden und nicht eine bestimmte Stelle adressieren (für Arbeitgeber, BAföG-Amt, etc.), wie auch bei (angeforderten) Bescheinigungen / Bestätigungen und Versicherungszeiten für den Versicherten durchaus der Fall. Dann könnte es sich um einen Verwaltungsakt handeln, der wirksam bekannt gegeben wurde (§ 33, 37, 39 SGB X). Von daher sollte zu Beginn oder auch im Laufe einer bestehenden Familienversicherung eine schriftliche Bestätigung über das Bestehen der Familienversicherung und deren Beginn von der Krankenkasse angefordert werden. Diese Bestätigung stellt dann einen Bescheid und damit einen VA dar.
Gemäß BSG, Urteil vom 16.11.1995 – 4 RK 1/94 – erlischt eine Familienversicherung nicht “einfach so”, sondern das Ende muss festgestellt werden: § 10 SGB V enthalte keine des Selbstvollzuges fähige Regelung, sondern bedarf der rechtsstaatsgemäßen Umsetzung durch die Verwaltung. Diese wird ermächtigt und verpflichtet, u.a. die Anspruchsvoraussetzungen der Familienversicherung zu prüfen sowie bei Verneinung einen entsprechenden, die Familienversicherung ablehnenden Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. hierzu § 289 SGB V). Denn nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern seine Umsetzung durch Verwaltungsakt unter Anwendung des Rechts auf den jeweiligen Einzelfall präge auch das Sozialverwaltungsrecht als das Recht der sozialen Sicherung und sei aus Gründen der Rechtsklarheit und der damit verbundenen Rechtssicherheit geboten (vgl BSG SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 20 f; BSGE 69, 255, 257 = SozR 3-1300 § 48 Nr 13 S 19; vgl. hierzu entsprechend BSG SozR 1300 § 48 Nr 57 S 173 f; Erichsen, aaO, S 244). Zu dieser Auffassung gibt es jedoch auch gegensätzliche Stimmen, die meinen, dass es keiner entsprechenden Feststellung bedarf, da die Voraussetzungen der Fami kraft Gesetzes (nicht) bestehen.
Liegt ein begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung über den Beginn oder das (Fort-)Bestehen der Familienversicherung vor, kann die Krankenkasse diesen bei Rechtswidrigkeit nur unter den Einschränkungen der Rechtsnormen und Nennung der Aufhebungsentscheidung wirksam per Verwaltungsakt zurücknehmen (§ 45 SGB X) oder, bei Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, mit Wirkung für die Zukunft oder mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufheben (§ 48 SGB X), was aber unter anderem ausreichend unter Beachtung von Vertrauensschutzgesichtspunkten, (Erkenntnis-)Fristen und Prüfung der / ordnungsgemäßiger Ermessensausübung begründet werden muss (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Die Abgrenzung der beiden Normen zur Aufhebung von Verwaltungsakten, § 45 SGB X und § 48 SGB X, erfolgt danach, dass § 45 SGB X gilt, wenn der Verwaltungsakt bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen ist. Sofern keine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, ist die Krankenkasse nicht zu einer Aufhebung gemäß § 48 SGB X berechtigt, sondern muss sich, wenn möglich, auf § 45 SGB X stützen.
Ist zuvor kein entgegenstehender Verwaltungsakt ergangen, sprich ist die Krankenkasse nicht durch einen anderslautenden Verwaltungsakt über das Bestehen der Familienversicherung gebunden, kann die Krankenkasse – soweit materiell-rechtlich die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nicht mehr bestehen – ohne aus den §§ 45, 48 Abs. 1 SGB X folgende Einschränkungen beachten zu müssen auch rückwirkend feststellen (“Stornierung / Beendigung”), dass eine Familienversicherung in der Vergangenheit nicht bestanden hat (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2000, B 10 KR 3/99 R, Urteil vom 25. August 2004, B 12 KR 36/03R, zitiert nach juris). Erst für eine – denknotwendigerweise nachgelagerte – Entscheidung, inwieweit aufgrund fehlerhaft angenommener Familienversicherung erbrachte Leistungen zurückzufordern sind, gelten in diesem Fall (KK an keinen VA gebunden, Realakt) nach § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend (BSG, Urteil vom 07.12.200 – B 10 KR 3/99 R). Weitere Rechtsfiguren, die hier jedoch ggf. angewendet werden können, sind (bei länger bestehenden Familienversicherungen): faktische KV und Rückabwicklungsverbot aus § 26 SGB IV.
Was passiert nach dem Ende der Familienversicherung?
Endet die Familienversicherung aufgrund des Wegfalls der persönlichen Voraussetzungen, setzt sich die Versicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V als freiwillige Mitgliedschaft (obligatorische Anschlussversicherung) bei derselben Krankenkasse fort, wenn keine Ausschlusstatbestände vorliegen. Als Ausschlusstatbestände kommen insbesondere ein Tatbestand der Versicherungspflicht in der GKV (bei zuvor familienversicherten Studenten bspw. regelmäßig der § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V), eine neue Familienversicherung in der GKV (z.B. Ende der Familienversicherung über ein Elternteil und Beginn der Familienversicherung über den Ehegatten / Lebenspartner) oder ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 SGB V, an den sich eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachweisbar anschließt, infrage.
Das Zustandekommen der obligatorischen Anschlussversicherung kann vermieden werden, wenn du innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten deinen Austritt erklärst und das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Als solcher Nachweis gilt zum Beispiel die “Folgeversicherungsbescheinigung” einer privaten Krankenversicherung.
Die obligatorische Anschlussversicherung nach dem Ende der Familienversicherung ist jedoch per se ausgeschlossen, wenn die Familienversicherung nur wegen der beendeten Mitgliedschaft des Stammversicherten nicht mehr besteht. Dies ist typischerweise dann der Fall, wenn die Mitgliedschaft des Stammversicherten in der GKV aufgrund seines Wechsels zu einem anderen Absicherungssystem im Krankheitsfall in Deutschland endet (zum Beispiel substitutive Krankenversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, freie Heilfürsorge, Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz, Bezug von laufenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder SGB XII). Die Weiterversicherung ist dann gegebenenfalls über einen freiwilligen Beitritt nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V oder über die Auffang-Versicherungspflicht bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 13 Buchstabe a SGB V möglich.
Alternativ zur Weiterversicherung bei deiner derzeitigen Krankenkasse aufgrund der obligatorischen Anschlussversicherung oder einer Pflichtversicherung (nur bis 14 Tage nach Beginn der Versicherungspflicht möglich), kannst du deine gesetzliche Krankenkasse auch direkt wechseln. Schließt sich nach dem Ende der Familienversicherung eine freiwillige Versicherung an, sind dafür die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V zu erfüllen und der Beitritt gegenüber der neuen Krankenkasse nach § 9 SGB V innerhalb der Frist anzuzeigen (wobei im Falle einer rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung die Frist erst mit dem Tag nach Bekanntgabe der Festellung durch die Krankenkasse beginnt).