Krankenversicherung für studierende Beamtenkinder
Viele Beamtenkinder sind bis vor dem Studium über die Kombination aus Beihilfe und speziellem Beihilfetarif in der privaten Krankenversicherung im Kranheitsfall abgesichert. Wirst du nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit dem Studium jedoch versicherungspflichtig in der GKV, kannst du dich auf Antrag von dieser Versicherungspflicht befreien lassen und weiter wie bisher versichert bleiben. Diese Entscheidung mag ob ihrer unter Umständen lebenslangen(!!) Konsequenzen jedoch sehr gut überlegt sein!
Was ist die Beihilfe überhaupt?
Der Dienstherr gewährt Beamten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen (Ehegatten / eingetragene Lebenspartner und Kinder des Beamten) eine finanzielle Unterstützung im Krankheitsfall, die sogenannte Beihilfe. Der Beihilfeanspruch ist abhängig vom Familienstand und dem jeweiligen Beihilfesystem des Landes oder des Bundes. Ledige Beamte bekommen in der Regel 50 Prozent, berücksichtigungsfähige Ehegatten / eingetragene Lebenspartner 70 Prozent und Kinder 80 Prozent individuelle Beihilfe.
Für den Teil der Krankheitskosten, der nicht von der Beihilfe gedeckt ist, gilt die Pflicht zur Versicherung. Ein passgenauer, beihilfekonformer Tarif für die üblicherweise verbleibenden 50, 30 oder 20 Prozent der Krankheitskosten (“Restkostenversicherung”) wird meist bei einem privaten Krankenversicherer abgeschlossen, weil sie entsprechend günstig sind, vor allem im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung, die keine Restkosten- und nur eine “100%-Vollversicherung” kennt. Zum Schließen von Lücken der privaten Krankenversicherung oder der Beihilfe, deren Leistungsniveau vergleichbar mit der gesetzlichen Krankenversicherung ist, bzw. zum Schutz vor Zuzahlungen bei einer ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung gibt es noch sogenannte Beihilfeergänzungstarife.
In einigen Bundesländern gewähren die Dienstherrn mittlerweile auch eine pauschale Beihilfe. Sie beteiligen sich nicht mehr an den Krankheitskosten, sondern zahlen einen Zuschuss zum Beitrag in der privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung. Anders als bei der individuellen Beihilfe benötigen Beamte mit pauschaler Beihilfe also einen 100-prozentigen Versicherungsschutz. Die Entscheidung für eine Beihilfeart ist endgültig – ein späterer Wechsel von der pauschalen zur individuellen Beihilfe oder umgekehrt ist nicht möglich.
Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V)
Wer sich an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule einschreibt, ist längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, unabhängig von einem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, wenn aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) und kein vorrangiger Versicherungstatbestand vorliegt (wie z.B. ein Anspruch auf die beitragsfreie Familienversicherung in der GKV). Dies gilt auch für Beamtenkinder, die genauso einen Nachweis über den Versicherungsstatus der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse benötigen.
Wer als Beamtenkind im Studium nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung ist – unter anderem führt die Einschreibung an einer (privaten) staatlich nicht anerkannten Hochschule nicht zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V -, ist (weiter) beispielsweise privat vollkranken- oder restkostenversichert (nach Wegfall der Beihilfe Umwandlung in 100 % Vollversicherung erforderlich), beitragsfrei in der GKV familienversichert (sofern darauf ein Anspruch besteht) oder als freiwilliges Mitglied in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert.
Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV als Student
Auch als Beamtenkind kannst du dich auf Antrag unwiderruflich von der Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung befreien lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V), wenn du sonst von dieser erfasst werden würdest (siehe Abschnitt zuvor). Der Antrag ist binnen drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht in der GKV bei der zuständigen gesetzlichen Krankenkasse zu stellen.
Folgen / Risiken der Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung möchte vorab aber sehr gründlich ob der möglichen Folgen und Risiken überlegt sein. Wir raten allen, auch Beamtenkindern, davon ausdrücklich ab und dafür zu einer Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse als Student.
Warum? Nun ja, das große Problem ist, dass du als Beamtenkind in Sachen Beihilfe nicht mehr zu den berücksichtigungsfähigen Angehörigen gehörst, wenn du im Familienzuschlag der beihilfeberechtigten Person (verbeamteter Elternteil) nicht mehr “enthalten” bist. Dies ist der Fall, sobald kein Anspruch auf Kindergeld mehr für dich besteht (in der Regel ab deinem 25. Geburtstag, es sei denn die Altersgrenze fürs Kindergeld wurde bei dir noch nach hinten verschoben). Ab dann müsstest du dich zu 100 % privat krankenversichern (vorher waren es in den meisten Fällen nur 20 % => sprich mit etwa Verfünffachung des Beitrags ist zu rechnen!), wenn du eine private Restkostenversicherung hattest (individuelle Beihilfe), bzw. erhält dein verbeamtetes Elternteil keinen Zuschuss vom Dienstherrn mehr für dich (pauschale Beihilfe). Monatsbeiträge von 200, 300 Euro und mehr zusammen mit Selbstbehalten von einigen hundert bis über tausend Euro im Jahr in der PKV (Beispiel Konditionen des Ausbildungstarifs der Debeka, des größten deutschen privaten Krankenversicherers für 25-Jährige in 2026: Tarif HS – mit 10 % max. 400,-EUR SB – 252,94 Euro + 31,92 Euro Pflegepflicht = 284,86 Euro / Monat! + 1/12 SB = 312,24 Euro / Monat) sind dann absolut keine Seltenheit (im Vergleich zu 140 / 150 Euro, die die studentische Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zusammen mit der sozialen Pflegeversicherung kosten würde) -, weil du dich ja von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung als Student nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V hast unwiderruflich befreien lassen.
Insbesondere Kindern, die im Studium über ein Elternteil bei der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) mitversichert werden können, ist zu äußerster Vorsicht in Hinblick auf eine etwaige Befreiung von der Versicherungspflicht als Student in der GKV zu raten bzw. davon abzuraten. Die besondere Problematik hier ist nämlich, dass die Mitversicherung von Kindern gemäß § 23 Abs. 1 der KVB-Satzung in jedem Fall spätestens nach Wegfall der Berücksichtigungsfähigkeit im Familienzuschlag endet und es keine Möglichkeit der Anschlussversicherung bei der KVB selbst gibt! Der Familienzuschlag wird dabei grundsätzlich nur bis einen Tag vor dem 25. Geburtstag gewährt (= Vollendung des 25. Lebensjahres)! Eine Verlängerung ist nur im Ausnahmefall bei Verlängerungstatbeständen wie z. B. Wehr- oder Freiwilligendienst möglich. Die KVB weist selbst darauf hin, einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV besonders sorgfältig abzuwägen. Besteht für den Studenten keine private Zusatz-/Restkostenversicherung (für von der KVB nicht übernommene Kosten), die nach Wegfall der Mitversicherung eine Fortführung in einem anderen Tarif garantiert (etwaige Fristen beachten!), muss der sich von der Versicherungspflicht in der GKV befreite Student anderweitig absichern, z. B. via PKV. Im schlimmsten Fall bleibt jedoch nur eine Versicherung im brancheneinheitlichen PKV-Basistarif mit gesetzlichem Aufnahmezwang (Kontrahierungszwang) und einem gesetzlichen Höchstbeitrag von rund 1.000 Euro im Monat, wenn z. B. aufgrund des Gesundheitszustandes, laufenden Behandlungen, etc. keine anderweitige Absicherung möglich ist. In der Vergangenheit haben wir bereits von solchen Fällen erfahren! Die Gefahr ist also keineswegs ausgedacht, rein theoretisch, sondern real, solche Sachverhalte kommen tatsächlich vor!
Anders ist die Situation der Anschlussversicherung nach Ende der (beitragsfreien) studentischen Mitversicherung bei der Postbeamtenkrankenkasse, kurz PBeaKK, die gemäß Satzung derzeit eine beitragspflichtige Fortführung der Mitversicherung bis zur Vollendung des 34. Lebensjahres – Beitrag jedoch aktuell ca. 300 Euro / Monat! – oder sogar danach eine eigene Mitgliedschaft bis zum Abschluss des Studiums ermöglicht.
Bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres kannst du als eingeschriebener und von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V befreiter Student nur in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, wenn ein vorrangiger Versicherungspflichttatbestand in der gesetzlichen Krankenversicherung eintritt (und dann auch nur in dieser Zeit, wenn danach die Befreiung wieder aufleben sollte, weil ohne Befreiung grundsätzlich noch Versicherungspflicht vorliegen würde). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn du eine Beschäftigung aufnimmst, die nicht versicherungsfrei, sondern versicherungspflichtig in der GKV ist, also du im Erscheinungsbild nicht mehr Student sondern Arbeitnehmer bist. In der Regel üben die allermeisten Studenten im Nebenjob aber eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung (kurzfristige Beschäftigung oder geringfügig entlohnte Beschäftigung / Minijob) oder eine versicherungsfreie Werkstudententätigkeit aus!
Auch nach Vollendung des 30. Lebensjahres brauchst du als nicht gesetzlich krankenversicherter Student erstmal einen Versicherungspflichttatbestand, einen Anspruch auf Familienversicherung (§ 10 SGB V) über einen Familienangehörigen, der Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, oder eine Versicherungsberechtigung nach § 9 SGB V um in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen!
Die Befreiung von der Versicherungspflicht wirkt übrigens auch für ein folgendes Studium fort (egal ob Studiengang-/Hochschulwechsel oder Master nach einem Bachelor), wenn sich der erneute Tatbestand der Versicherungspflicht als Studierender nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V (Einschreibung an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule) nahtlos an den bisherigen Befreiungstatbestand anschließt oder nach einer sozialversicherungsrechtlich irrelevanten Unterbrechung eintritt.
Was viele ebenfalls nicht wissen: Selbst wenn du dein Studium beendest, sei es durch erfolgreichen Abschluss oder nicht, und dein verbeamtetes Elternteil keine Beihilfe mehr für dich erhält, weil es kein Kindergeld mehr für dich gibt bzw. du im Familienzuschlag der beihilfeberechtigten Person nicht mehr berücksichtigt wirst, kommst du nicht einfach so in die gesetzliche Krankenversicherung rein. Erstmal muss wieder eine Versicherungspflicht in der GKV, ein Anspruch auf Familienversicherung über einen Familienangehörigen, der Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, oder eine Versicherungsberechtigung nach § 9 SGB V vorliegen. Dies ist aber oft nicht gegeben, insbesondere wenn du eine Pause (“Gap Year”) machst, hauptberuflich selbständig erwerbstätig bist, ohne versicherungspflichtige Beschäftigung promovierst oder Bürgergeld beziehst (früher Arbeitslosengeld II, ugs. Hartz IV). Vor allem in “heißen” Zeiten der Corona-Pandemie ist das sehr vielen auf die Füße gefallen, weil sie nach Studienende einfach keine versicherungspflichtige Beschäftigung gefunden haben und die private Krankenversicherung in einen Normaltarif mit Monatsbeiträgen von mehreren hundert Euro umgestellt wurde!
Niemand kann dir garantieren, dass deine Pläne astrein aufgehen, du mit 24 dein komplettes Studium erfolgreich abgeschlossen hast (inklusive etwaigem Master + ggf. Promotion) und direkt im Anschluss eine Beschäftigung findest. Das Leben bietet so viel Unvorhersehbares, gesundheitliche Probleme, Interessensänderungen, die Geburt eines Kindes (in der PKV gibt es keine beitragsfreie Familienversicherung wie in der GKV, für jeden Versicherten ist eine eigene Prämie zu zahlen!), Pandemien (Stichwort Corona), ein angespannter oder disruptiver Arbeitsmarkt (Stichwort KI) und und und, die alles verändern können… Ein beliebiges Hin- und Herwechseln zwischen den verschiedenen Systemen zur Absicherung im Krankheitsfall, wann es einem gerade passt, ist vom Gesetzgeber zum Schutz der Solidargemeinschaft in der GKV nicht gewollt. Und mit einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV hat man sich ja gerade aktiv gegen dieses Solidarprinzip entschieden. Dazu schreibt auch das Bundesgesundheitsministerium auf seinen Webseiten:
Die Entscheidung für eine private Krankenversicherung und gegen die Mitgliedschaft in der Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten ist grundsätzlich als Lebensentscheidung zu betrachten. Mit der Beschränkung des jederzeitigen Wechsels zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung wird die Solidargemeinschaft der GKV geschützt.
tl;dr: Wir raten jedem, und damit auch Beamtenkindern, zu Studienbeginn von einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V aufgrund der möglichen (sogar lebenslangen) Folgen bzw. Risiken ab. Sie gehören als studentisches Pflichtmitglied in eine gesetzliche Krankenkasse!