Versicherungen für Studenten

Kurzfristige Beschäftigung ausgeweitet

Letzte Aktualisierung am 03.11.2022 von admin

Mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz vom 11. August 2014 wurde zum 1. Januar 2015 nicht nur der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn in Deutschland eingeführt, sondern in Artikel 9 durch Änderung des § 115 SGB IV auch eine Ausweitung der Zeitgrenzen für kurzfristige Beschäftigungen vorgenommen. Die vorherigen Grenzen von zwei Monaten bzw. 50 Arbeitstagen wurden für eine Übergangszeit von vier Jahren bis zum 31. Dezember 2018 auf drei Monate bzw. 70 Arbeitstage erhöht.

Die neuen Zeitgrenzen sollten möglichen, mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden, Problemen, insbesondere im Bereich der Saisonarbeit, entgegenwirken, für die ursprünglich eine Sonderregelung zum Mindestlohn gefordert war, aber keine Umsetzung fand. Schlussendlich wurde eine entsprechende Regelung im Tarifautonomiestärkungsgesetz verankert, die für alle Beschäftigten gilt.

Im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes, das der Deutsche Bundestag am 30. November 2018 angenommen hat, wurde die zeitliche befristete Übergangsregelung ab 2019 entfristet und somit die Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung dauerhaft auf drei Monate oder 70 Arbeitstage angehoben. Zur Begründung hieß es, dass seit Einführung der Regelung keine sozialpolitisch bedenklichen Entwicklungen festgestellt wurden, die einer Entfristung der erhöhten Zeitgrenzen entgegenstehen würden. Die Anzahl der kurzfristigen Beschäftigungen habe sich in diesem Zeitraum kaum verändert.

Aufgrund des im Zuge der Corona-Pandemie geschnürten Sozialschutz-Pakets wurden vom 1. März 2020 bis zum 31. Oktober 2020 die Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung auf 5 Monate oder 115 Arbeitstage ausgeweitet. Damit sollte vor allem Problemen bei der Saisonarbeit insbesondere im Bereich der Landwirtschaft Rechnung getragen werden.

Wie in 2020 gab es auch 2021 erneut eine Sonderregelung. Für die Zeit vom 1. März 2021 bis 31. Oktober 2021 wurden mit dem Inkrafttreten (1. Juni 2021) des “Vierten Gesetzes zur Änderung des Seefischereigesetzes” die Zeitgrenzen für eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung auf diesmal vier Monate oder 102 Arbeitstage angehoben. Die neuen Befristungsgrenzen galten – anders als im Jahr 2020 – nicht für Beschäftigungen, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes bestanden und nicht die bisherigen Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen erfüllt haben.

Seit dem 1. November 2021 gelten wieder die alten Zeitgrenzen von drei Monaten beziehungsweise 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr.

Was ist eine kurzfristige Beschäftigung?

Eine kurzfristige, versicherungsfreie Beschäftigung liegt vor, wenn sie im Laufe eines Kalenderjahres auf nicht mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder vertraglich begrenzt ist und nicht berufsmäßig sowie nicht dauerhaft oder regelmäßig wiederkehrend ausgeübt wird. Die Zeitgrenze von drei Monaten und die Zeitgrenze von 70 Arbeitstagen sind gleichwertige Alternativen zur Begründung einer kurzfristigen Beschäftigung; eine Anwendung der jeweiligen Zeitgrenze in Abhängigkeit von der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage erfolgt nicht (vgl. Urteil des BSG vom 24. November 2020 – B 12 KR 34/19 R -, USK 2020-57).

Kurzfristige Beschäftigungen sind grundsätzlich nicht versicherungspflichtig, das Arbeitsentgelt ist jedoch zu versteuern. Dies kann entweder über eine Pauschalsteuer, die der Arbeitgeber zu zahlen hat (25 Prozent), geschehen oder es werden Steuern entsprechend der Angaben auf der Lohnsteuerkarte (Steuerklasse) einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

Bei der Prüfung, ob die Zeiträume einer kurzfristigen Beschäftigung überschritten werden, sind Zeiten mehrerer aufeinanderfolgender kurzfristiger Beschäftigungen zusammenzurechnen. Dies gilt auch, wenn die einzelnen Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgeber ausgeübt werden. Bei Beginn einer neuen Beschäftigung wird geprüft, ob diese zusammen mit den schon im laufenden Kalenderjahr ausgeübten Beschäftigungen die maßgebende Zeitgrenze überschreiten.

Eine kurzfristige und damit versicherungsfreie Beschäftigung liegt nicht vor, wenn sie berufsmäßig ausgeübt wird. Berufsmäßig wird die Beschäftigung dann ausgeübt, wenn sie für die Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die Prüfung der Berufsmäßigkeit ist nicht erforderlich, wenn das aufgrund der Beschäftigung erzielte monatliche Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro nicht überschreitet. Die Berufsmäßigkeit ist auch dann nicht zu prüfen, wenn die Beschäftigung durch ein Überschreiten der Zeitgrenzen als nicht kurzfristig anzusehen ist.

Wird eine kurzfristige Beschäftigung nicht nur gelegentlich, sondern dauerhaft oder regelmäßig wiederkehrend ausgeübt, ist diese keine kurzfristige Beschäftigung. Das gilt selbst dann, wenn im Kalenderjahr nicht mehr als 70 Arbeitstage gearbeitet wurde. Eine Beschäftigung ist dann regelmäßig, wenn sie von vornherein auf ständige Wiederholung ausgerichtet ist (auch stillschweigend) und über einen längeren Zeitraum (mehr als 12 Monate) ausgeübt werden soll, also eine hinreichende Vorhersehbarkeit von Dauer und Zeitpunkt der einzelnen Arbeitseinsätze besteht. Ein Beispiel: Jährlich wiederkehrende befristete Beschäftigung einer Aushilfe auf dem Weihnachtsmarkt vom 1.12. bis 24.12. mit einem Arbeitsentgelt von 900 Euro. Das Beschäftigungsverhältnis ist wiederkehrend und daher, obwohl die Grenze von 70 Arbeitstagen eingehalten wird, nicht kurzfristig und damit sozialversicherungspflichtig.